Schule Nr.1

Kinder des Krieges

Inhalt

Am 3. September 2004 starben 332 Menschen, darunter 176 Kinder, bei einem Terroranschlag auf die Schule Nr.1 in Beslan am Kaukasus. Was am 1. September als fröhliche Ein-schulungsfeier begann, endete als blutiger Albtraum.
Kinder und Jugendliche des Jungen Ensembles Spinatheater Solingen, unter der Leitung des Berliner Regisseurs Manfred Olek Witt, erinnern an die Tragödie von Beslan mit einer tanztheatralischen Installation.

Die Gewalt durchläuft heute auch Orte, die scheinbar früher verschont blieben.  Eine Schule, Ort des hoffnungsvollen Lernens, wird zu einer Falle, in der brutalste Gewalt ihre schutzlosen Opfer sucht. Ziel des Projektes ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt, am Beispiel der tragischen Ereignisse vom September 2004 in Beslan. Wieder geht es um bewusste Bezugnahme und das Finden des eigenen Standpunkts zu Problemen unserer Zeit. Das Spinatheater e.V. zeigt in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur Manfred Olek Witt und der Choreographin Emily Welther einmal mehr eine professionelle Darbietung mit einem gesellschaftspolitisch relevantenThema.
Gefördert wurde dieses Projekt von der Aktion Mensch „5000 x Zukunft“ und der Rudolf Knupp Stiftung Berlin. Geplant sind weitere Aufführungen an verschiedenen Spielstätten und Theaterfestivals im In- und Ausland.

Auszeichnungen

Theaterpreis der Stadt Solingen, Walder Theatertage

Radio Seefunk Theaterpreis Sparte Schul- und Jugendtheater
der 23. Theatertage am See, Friedrichshafen

Preisträger des Bundeswettbewerbs und
Teilnahme Berliner Festspiele, Theatertreffen der Jugend 2007

Einladung zum Theaterfestival „Impulse“ des BDAT in Schwedt

Deutscher Vertreter beim „1. World Youth Theatre Festival“ in Wien

Ensemble

Mit

Anna Berkholz
Christoph Stec
Gina Kunst
Jan-Marco Schmitz
Johannes Berkholz
Leonie Armbrüster
Luise Audersch
Marie Stute
Simon Stursberg

Regie

Olek Witt

Choreographie

Emily Welther

Regieassistenz

Dina Rubanovits

Premiere

30. März 2006, Theater Solingen

Hintergrund

Viele Fragen, wenige Antworten

Der 1. September 2004 sollte einen Neuanfang bringen. Es war der erste Schultag an Nordossetiens Schule Nr.1 in Beslan. Er brachte den Tod auf unzählige, grausame Arten. Warum? Eine von vielen Fragen, die in der hoffnungslosen Leere zurückbleiben, widerhallen, unbeantwortet bleiben.

An diesem „Tag des Wissens“ stürmten 32 Terroristen das Schulgebäude. Sie nahmen 1251 Geiseln: Kinder, Mütter, Säuglinge, Alte …. In den folgenden drei Tagen würden sie unter qualvollen, unmenschlichen Umständen hauptsächlich in der Turnhalle festgehalten werden: Todesangst, stundenlanges Liegen neben Leichen, Exkrementgestank, Betteln um Urin gegen den Durst. Die Terroristen fordern das Ende des Tschetschenien-Krieges. Im Krisenstab bei Unterhändlern, in der Politik, in den Einsatzkräften, unter der Bevölkerung herrschen Chaos, Ratlosigkeit, Stagnation.
Als das Gebäude am 3. September nach einer Explosion ungeklärter Ursache von Spezialeinheiten, Polizisten und Privatpersonen gestürmt wird, schießt jeder auf jeden. Bis zum Abend herrscht überall Unklarheit darüber, ob und wie viele Terroristen noch leben, was wo explodiert, sogar wer wofür kämpft.

330 Menschen starben, 176 davon Kinder, 600 Personen wurden verletzt – alle sind bis an ihr Lebensende gezeichnet.
Wie konnte es dazu kommen? Warum wurden so wenige gerettet? Und: Was treibt Menschen dazu, Kindern solche Qualen anzutun? Der Nordkaukasus ist geprägt von Armut, Unterdrückung, Korruption, Ausbeutung, Machtgier. Das tschetschenische Volk kämpft seit 200 Jahren für die Autonomie seines von russischen Truppen besetzten Landes. Täglich werden Seelen zerstört: Die russische Besatzung foltert, vergewaltigt, mordet, quält.

„Die Inguscheten zittern unter Völkermorden der Vergangenheit und fordern seit Jahren gewalttätig, weil erschöpft und verzweifelt, ihr Heimatgebiet zurück, das Stalin den Osseten zuwies, während das inguschetische Volk deportiert wurde. Spannungen, wie solche zwischen Inguschetien und dem moskautreuen Nordossetien oder jene, die das tschetschenische Volk beständig zerstört, geben den Menschen das Gefühl, nichts mehr zu verlieren zu haben.“

Der Hass, der Menschen zu Selbstmordattentätern, Geiselnehmern, Schwarzen Witwen, Kleinkriminellen, Terroristen macht, hat es leicht.
Leicht machen es ihm auch Politik, Medien und das doch nur oberflächlich interessierte West-Europa. Vor jener Eskalation 2004 gaben sich (auch) russische Spitzenpolitiker größte Mühe, das Strohfeuer im Nordkaukasus mit all seinen Vorzeichen zu ignorieren, nichts zu unternehmen, um keinen Flächenbrand daraus zu machen und die eigene Machtposition zu wahren. Das sichere West-Europa sah kurz von seinem Mittagessen auf, um dann doch das eigene, sichere Leben fortzuführen, ansatzweise informiert, voller Schwarz-Weiß-Denken über böse Terroristen und das arme Russland. Und vor Ort? Was zeichnet die Handlungen russischer Verantwortung aus? Desinformation, Passivität, fehlende Planung aus Stolz, eigener Sicherheit, in Prävention, Krisenbewältigung und Aufklärung.
Antworten: Danach suche verzweifelt Hinterbliebene. Fragen inmitten der tiefen Trauer. Überlebende fühlen sich schuldig, schwören Rache, der Hass brodelt erneut.
Vielleicht sind die Fragen das Wichtigste. Auch wenn sie unbeantwortet bleiben. Wo ist der Grund? Wer steckt dahinter? Gibt es die Bösen und die Guten?

Anna Berkholz

Pressespiegel