Das Floß der Medusa

Inhalt

Mehrere Tage auf hoher See vergehen.
Die Kinder finden heraus, dass sie 13 im Floß sind – und 13 Christen zusammen können nur ins Verderben gehen. Also schlägt Ann vor zu losen, wer von ihnen nicht mehr essen darf, damit die Anderen überleben können. Doch Allan wirft alle Lose ins Wasser. Er glaubt, dass nur sie selbst sich retten können.
Anfänglich wehren sich noch einige Kinder gegen Anns Aberglauben. Weil aber ihre Hände vom Rudern wehtun und die ersehnte Rettung nicht kommt, klammern sie sich nach und nach an den Glauben an ihre Schuld. Und Ann schlägt vor, dass einer sterben muss.

Die erfolgreichen Aufführungen von Georg Kaysers Theaterstück „Das Floß der Medusa“ 2004 waren das Ergebnis der bereits zweiten intensiven Theaterarbeit des spinaTheaters Solingen. Die sich hinter diesem Namen verbergende Gruppe von 13 Jugendlichen fand sich im März 2003 zusammen, um unter der professionellen Anleitung des Berliner Regisseurs M. O. Witt zunächst ihr Improvisationsstück „Haut. Liebe. Spinat.“  zu entwickeln.
Kaysers „Floß der Medusa“, im Februar 1945 in Basel uraufgeführt,  entstand unter dem Eindruck einer wahren Begebenheit aus der Zeit des 2. Weltkriegs. 12 Kinder treiben nach einem Bombenangriff, in dessen Folge ihr Schiff versinkt, verlassen auf einem Floß im Meer. Zunächst arrangieren sie sich, doch ein dreizehnter, plötzlich auftauchender traumatisierter Junge, Füchslein genannt, setzt ohne sein Zutun einen Wettstreit zwischen Gut und Böse, einen Kampf um Macht und Einfluss in Gang.
Borniertheit und Trägheit, Feigheit und Dummheit und vor allem eine zielgerichtet eingesetzte Demagogie – von Kayser in seinem Stück gebrandmarkte Charakterzüge der menschlichen Gesellschaft – treiben die Kinder in eine Katastrophe.
Das Stück ist eine Abrechnung mit religiösem Fanatismus und ein Beweinen der Opfern sinnloser Gewalt. Zugleich warnt es vor den Gefahren, die von Duckmäusertum und dem blinden Vertrauen auf  Führerpersönlichkeiten ausgehen können
Die Zuschauer erleben die zutiefst überzeugende Umsetzung eines anspruchsvollen Vorhabens durch eine begeisternde Theatergruppe.
Denn die Darsteller „spielen“ nicht nur ihre Rollen überzeugend, sie haben in einer Phase der Annäherung an die vielschichtige Problematik des Stückes ihre eigenen Sicht- und Verhaltensweisen in die Produktion mit eingebracht. Aus der Beschäftigung mit einem hochaktuellen Stoff entwickelt sich somit in jeder Aufführung ein anspruchsvoller  und herausfordernder Dialog zwischen Publikum und Darstellern, dessen Fragen hoffentlich über den Theaterabend hinaus in allen Beteiligten weiterarbeiten.

Auszeichnungen

Einladung zum BDAT Theaterfestival in Rudolstadt

Ehrenurkunde bei der Theater-Kulturpreisverleihung NRW in Bottrop

Ensemble

Mit

Luise Audersch
Sven Grütter
Anna Berkholz
Pia-Marie Stute
Hellen Püttmann
Kathrin Ewerling
Lisa Wandel
Christoph Stec
Philip Tkocz
Simon Stursberg
Johannes Berkhilz
Jan-Marco Schmitz
Daniel Berkholz
Martyna Dellinger

Regie

Olek Witt

Bühnenmusik

Wolfgang Pasquay (†2006)

Violoncello

Liselotte Pasquay

Bühnenbild

Peter Amann
Sebastian Wehkamp

Regieassistenz

Anna Berkholz

Premiere

13. März 2005, Schulzentrum Vogelsang Solingen

Hintergrund

Im Feuer ist sie entstanden
Im Feuer ist sie untergegangen
Sie glänzen in der Sonne mit stählerner Haut
Unter der mit blitzenden Augen der Tod vorschaut

Ihr Haupt haben sie nun zum Himmel erhoben
Sind in die Weite davongeflogen
Plötzlich sprossen die Pilze aus Feuer und Rauch
Bedeckten alles mit tödlichem Hauch

Glänzende Lichter, die Augenlicht rauben
Letztes Leben aus den Körpern saugen
Der Wind verbreitet die tödliche Glut
Sie atmen die giftige Flut

Sie verschmoren mit blanker Haut
Alles zerstört, was sie aufgebaut
Die Zerstörung gesteuert von einem Ort
Milliardenfacher Mord

Doch Dreizehn Kinder, nun Weisen
beschlossen nicht mit zu reisen
Sie haben es überlebt
Sind mit ihrem Boot weggeschwebt

Christoph Stec

Dreizehn: Unglücks oder Glückszahl?

Die Dreizehn hat im Volksglauben mehr und mehr den Charakter einer Unglückzahl angenommen. Man scheut sich, dreizehn Personen zu Tisch zu setzten und nicht daran, dass dieser Aberglaube erst aus dem 17. Jahrhundert stammt. Manche Hotels vermeiden eine dreizehnte Zimmernummer oder den dreizehnten Stock, und selbst der dreizehnte des Monats (besonders, wenn er auf einen Freitag fällt) wird mit Unbehagen betrachtet.

Wenn die Tradition diese Abneigung als Erinnerung an Jesus und seine Zwölf Jünger deutet, deren einer ‑ eben der dreizehnte ‑ ihn verriet, so geht die negative Rolle der Dreizehn in unserer doch weiter zurück. Dreizehn ist ‑ wie Elf eine der Zahlen, die ein geschlossenes System überschreiten, in diesem Fall die zwölf Zeichen des Tierkreises: niemals erscheint die Sonne mit allen zwölf Zeichen zusammen, so dass dreizehn Gestirnzeichen sichtbar wären, sondern verdeckt immer eins, so dass die eilige, vollkommene zwölf gewahrt ist. Daher darf man in Märchen die dreizehnte Zimmertür nicht ungestraft öffnen.

Aus Franz Carl Endres, Annemarie Schimmel: "Das Mysterium der Zahl"

Pressespiegel